Mittwoch, 1. Oktober 2008

...

vom sehr kurzen spätsommerurlaub mit meinen eltern bleiben bilder (und ein küchenschrank):

mein vater, wie er sich morgens in der winzigen, nicht sehr schönen wohnküche unseres apartments den blutdruck misst. vom fenster aus sieht man das meer, dünen, segelboote und den hafen. "80 zu 105" sagt er. ich habe keine ahnung von blutdrücken, vielleicht sagt er auch 96 zu 178. scheint jedenfalls ein okayer blutdruck zu sein.

spätsommerlicher strand mit vielen alten leuten, kaum kindern. die hohen wellen reißen mich von den beinen und sprudeln mich unter wasser, über wasser. als kind machten sie mir keine angst, mein vater neben mir im unheimlichen meer. mit meinem vater im meer zu sein ist aber nicht mehr wie früher. ich suche ihn nach jeder welle in der schaumigen unruhe - wo ist er? taucht er auf? geht es ihm gut? er lacht und zieht sich die badehose hoch. er schwankt. alles klar? nur die wellen. meine mutter rennt wie ein huhn am ufer rum. sie geht nie schwimmen, behauptet, es nicht zu können, was natürlich völliger blödsinn ist (jahrelang behauptete sie, noch blödsinniger, nicht radfahren zu können). sie bewacht meinen vater im wasser und lässt fotoapparat, geld und autoschlüssel unbewacht am strandkorb. mein vater winkt ihr und sieht glücklich aus. merkt er, dass wir uns sorgen? muss komisch für ihn sein, er hat sich doch immer um uns gesorgt.

die augusthitze ist unaufdringlich, die sonne nicht hell und gelb, sondern irgendwie getönt. ich gehe am wasser entlang, rechts, durch den fkk-abschnitt. man muss sich entscheiden: entweder rechts - fkk, oder links - hunde. im sommer geht man lieber rechts, hundestrände sind anstrengend. ich bin beeindruckt von den nackten körpern der leute und ihrer unbefangenheit, fühle mich irre bekleidet und verklemmt, würde hier aber auf gar keinen fall nackt rumlaufen. 15, 16, 17 years ago ging ich jeden sommer mit meinem walkman an diesem strand spazieren und stellte mir mein noch nicht so richtig gestartetes leben vor, ich an diesem strand mit freund, ich an diesem strand erwachsen.

morgens ist es wie immer, ich bin lange vor meinen eltern auf und weiß nicht, was ich machen soll, bis es frühstück gibt. ich würde zum bäcker fahren und brötchen holen, aber ich traue mich nicht ans steuer des monsters, das mein vater jetzt fährt. niemand traut sich das, weil es groß und schwarz und röhrend ist. die autosituation als negativ seiner körperlichen verfassung, absurderweise in dem urlaub gekauft, in dem er den schlaganfall hatte.

kindheitstage, memories, lange her, boohoo, ich weiß! aber diese 4 tage an der nordsee haben wie nichts jemals zuvor erwachsen! geschrien (unter anderem, weil ich da den ersten küchenschrank meines lebens gekauft und ihn mir auch noch habe schicken lassen - what's next?).

seltsam, wenn sich "das ganze" langsam umdreht, die eltern sich nicht mehr um einen sorgen, sondern man sich um die eltern sorgt. aus schrecken über und opposition zu diesem wohl oder übel geschehenden prozess habe ich ihnen dann die ganze zeit über blödsinnige ratschläge abgerungen, die ich eigentlich gar nicht wollte ("meint ihr, ich sollte...?", "findet ihr, dass...?" usw.).

jemand sollte trotzdem ab und zu nach mir sehen. gerade ist mein 56 oder so jahre alter toaster in meiner hand explodiert und ich wäre fast gestorben! jetzt rieche ich total getoastet.

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