...
"wenn du bei dir aus dem fenster guckst oder auf die straße gehst, musst du ja fast sterben, so deprimierend ist das da bei dir, der ganze block, überhaupt, friedrichshain, komm, hör mir auf! nicht auszuhalten!" - meinte mein vater letztens.
das hat mich ein bisschen gewundert, weil es jetzt nicht gerade so ist, dass sich meine eltern auf dem allerwunderbarsten fleckchen der welt niedergelassen hätten, es verhält sich eher so, dass man, wenn man aus den fenstern des hauses in dem ich aufwuchs schaut, folgendes sieht:
eine vor allem von lkws auf ihrem weg zur autobahn befahrene straße; einen braunockergelbgrauen komplex, auf dem ein autoverkauf zu finden ist, den ein düsterer typ betreibt, der da auch wohnt, immer von zwei gewaltbereiten rottweilern begleitet wird, und den wir den vampir nennen; eine früher mal silber-blaue, nun aber usselig-graue, an einem langen dings runterhängende, unmotivierte lamettagirlande, die diesen autoverkauf irgendwie bewerben soll oder so, was aber egal ist, denn da hat noch nie irgendjemand ein auto gekauft; eine spirrelige riesenhohe tanne hinter dem autoverkauf, auf deren wipfel ein blauer plastikeimer sitzt, keiner weiß, warum; ein fleischfarbenes hässliches mehrfamilienhaus, von meiner schwester und mir früher das orangene hochhaus genannt, in dem sich die bewohner oft vor den fenstern ausziehen und in ein paar komplett unmöblierten zimmern hausen; ein nachbarhaus, das fast keine fenster hat, dessen bewohner aber eine schöne glasbausteinwand zwischen ihren und unseren garten gezogen und auch sonst total einen an der klatsche haben; ein ochsenblutrotes gebäude, in dessen erdgeschoss sich eine kneipe befindet, die früher mal ritter-ranch, dann zur ranch hieß und nun geschlossen ist, was viele leute da bestimmt schade finden, meine eltern aber nicht.
ein stück die straße hoch gibt es noch die offene strafvollzugsanstalt, eine erst kürzlich geschlossene brauerei und einen aldi, und dahinter fängt bochum an.
das alles warf ich meinem vater, in verteidigung meines wohnsitzes, so ein bisschen vor und meinte, hundekacke schön und gut, aber er sollte sich da lieber nicht zu weit aus dem fenster lehnen, doch er wollte nichts davon wissen und beharrte angeekelt, herabblickend und zur weiteren diskussion nicht bereit auf seinem standpunkt.
bei den darauf folgenden dortmund-besuchen konnte ich dann zwar - wie immer - nachvollziehen, dass man ja vielleicht lieber in dortmund als in berlin wohnen möchte, fand aber die unmittelbare umgebung in der ich aufgewachsen bin auch bei allerbestem willen genauso ungemütlich und nicht schön wie schon immer. es ist sogar so, dass es da so ungemütlich und betoniert und nicht schön ist, dass es fast schon wieder schön ist.
ich bin ein bisschen gespannt, was mein vater zu kreuzberg sagt, wo ich demnächst hinziehe, aber ich glaube, dass er wahrscheinlich sogar "den schönsten ort der welt", wo auch immer der ist, ablehnen würde - zuviel sand, zu warm, zu kalt, zu laut, nichts los, zuviel los, bäh. außer dortmund (auch bochum und essen würde er nicht akzeptieren, von diesen städten hält man als dortmunder nicht viel, meint mein vater, aber ich habe das noch nie einen anderen dortmunder sagen hören - außer mich manchmal, und ich sage das nur, weil mein vater das sagt. und schon gar nicht unna.), und dortmund jetzt auch nicht, weil es da so irre schön ist oder so, sondern wegen eines sehr weit zurückreichenden eher nicht so gut erklärbaren verbindungsgefühlsgeschwurbels, das irgendwie auch nicht einfach nur affiger lokalpatriotismus ist (rede ich mir ein).
eine zweite ausnahme wäre für ihn glasgow, eine stadt, die er aus ähnlichen, aber nicht ganz so weit zurückreichenden gründen bedingungslos liebt. als ich da mal war, fand ich es, auf schottische weise, ziemlich so wie dortmund (aber das habe ich außer meinen vater auch noch niemanden sagen hören).
das hat mich ein bisschen gewundert, weil es jetzt nicht gerade so ist, dass sich meine eltern auf dem allerwunderbarsten fleckchen der welt niedergelassen hätten, es verhält sich eher so, dass man, wenn man aus den fenstern des hauses in dem ich aufwuchs schaut, folgendes sieht:
eine vor allem von lkws auf ihrem weg zur autobahn befahrene straße; einen braunockergelbgrauen komplex, auf dem ein autoverkauf zu finden ist, den ein düsterer typ betreibt, der da auch wohnt, immer von zwei gewaltbereiten rottweilern begleitet wird, und den wir den vampir nennen; eine früher mal silber-blaue, nun aber usselig-graue, an einem langen dings runterhängende, unmotivierte lamettagirlande, die diesen autoverkauf irgendwie bewerben soll oder so, was aber egal ist, denn da hat noch nie irgendjemand ein auto gekauft; eine spirrelige riesenhohe tanne hinter dem autoverkauf, auf deren wipfel ein blauer plastikeimer sitzt, keiner weiß, warum; ein fleischfarbenes hässliches mehrfamilienhaus, von meiner schwester und mir früher das orangene hochhaus genannt, in dem sich die bewohner oft vor den fenstern ausziehen und in ein paar komplett unmöblierten zimmern hausen; ein nachbarhaus, das fast keine fenster hat, dessen bewohner aber eine schöne glasbausteinwand zwischen ihren und unseren garten gezogen und auch sonst total einen an der klatsche haben; ein ochsenblutrotes gebäude, in dessen erdgeschoss sich eine kneipe befindet, die früher mal ritter-ranch, dann zur ranch hieß und nun geschlossen ist, was viele leute da bestimmt schade finden, meine eltern aber nicht.
ein stück die straße hoch gibt es noch die offene strafvollzugsanstalt, eine erst kürzlich geschlossene brauerei und einen aldi, und dahinter fängt bochum an.
das alles warf ich meinem vater, in verteidigung meines wohnsitzes, so ein bisschen vor und meinte, hundekacke schön und gut, aber er sollte sich da lieber nicht zu weit aus dem fenster lehnen, doch er wollte nichts davon wissen und beharrte angeekelt, herabblickend und zur weiteren diskussion nicht bereit auf seinem standpunkt.
bei den darauf folgenden dortmund-besuchen konnte ich dann zwar - wie immer - nachvollziehen, dass man ja vielleicht lieber in dortmund als in berlin wohnen möchte, fand aber die unmittelbare umgebung in der ich aufgewachsen bin auch bei allerbestem willen genauso ungemütlich und nicht schön wie schon immer. es ist sogar so, dass es da so ungemütlich und betoniert und nicht schön ist, dass es fast schon wieder schön ist.
ich bin ein bisschen gespannt, was mein vater zu kreuzberg sagt, wo ich demnächst hinziehe, aber ich glaube, dass er wahrscheinlich sogar "den schönsten ort der welt", wo auch immer der ist, ablehnen würde - zuviel sand, zu warm, zu kalt, zu laut, nichts los, zuviel los, bäh. außer dortmund (auch bochum und essen würde er nicht akzeptieren, von diesen städten hält man als dortmunder nicht viel, meint mein vater, aber ich habe das noch nie einen anderen dortmunder sagen hören - außer mich manchmal, und ich sage das nur, weil mein vater das sagt. und schon gar nicht unna.), und dortmund jetzt auch nicht, weil es da so irre schön ist oder so, sondern wegen eines sehr weit zurückreichenden eher nicht so gut erklärbaren verbindungsgefühlsgeschwurbels, das irgendwie auch nicht einfach nur affiger lokalpatriotismus ist (rede ich mir ein).
eine zweite ausnahme wäre für ihn glasgow, eine stadt, die er aus ähnlichen, aber nicht ganz so weit zurückreichenden gründen bedingungslos liebt. als ich da mal war, fand ich es, auf schottische weise, ziemlich so wie dortmund (aber das habe ich außer meinen vater auch noch niemanden sagen hören).
giles - 25. Mär, 13:03
goncourt - 25. Mär, 13:50
Ein Freund von mir, der ein halbes Jahr in Glasgow lebte, verglich das auch sehr gerne mit Dortmund, so wie gewisse Blogger Dortmund sehr oft mit gewissen Gegenden in Berlin vergleichen. Und auch das Essen-/Bochum-/Unna-Nichtgutfinden ist eine Dortmunder Spezialität, gleich nach dem Pfefferpotthast.
giles - 25. Mär, 14:47
oh, da bin ich sehr beruhigt! und das von einem experten! ich hatte schon immer so eine ahnung, das alles könnte tatsächlich wahr und nicht nur ein gespinst sein.
giles - 25. Mär, 14:53
ach, und: grunewald = gartenstadt, diese komische gegend um den heinrich-heine-platz in kreuzberg = wellinghofen, ...
tauben - 27. Mär, 12:51
Dortmund wird von einigen ja auch schon gern mal mit der amerikanischen Ostküstengroßstadt New York verglichen.
goncourt - 27. Mär, 13:24
Die Ostküstengroßstadt mit Wattenscheid oder Essen zu vergleichen, verbietet sich ja von selbst.
spalanzani - 26. Apr, 09:02
Die Tanne mit dem Eimer stelle ich mir großartig vor! Gibt es Fotos?
giles - 26. Apr, 13:36
die ist ein ziemliches highlight, ja! aber bisher unfotografiert.