Dienstag, 25. März 2008

der eklat

was soll ich nur tun?! die katze will raus und ich kann sie nicht rausbringen, ich kann sie nicht die 4 stockwerke nach unten begleiten und ihr die tür aufhalten, und heute abend kann ich wohl auch nicht ins kino gehen - ich kann die wohnung nicht verlassen und in den hausflur, es ist völlig unmöglich. und zwar, weil es gut sein könnte, dass ich dem unter mir wohnenden herrn hückelschmauch begegnen könnte, und dann wüsste ich nicht, was ich sagen sollte und es wäre mir sehr, sehr unangenehm. herr hückelschmauch heißt natürlich in echt nicht herr hückelschmauch, aber er hat einen ähnlich affigen namen und wir hier in der wohnung über ihm benutzen nur so decknamen für ihn, herr mäusebrink, herr hückelschmink und so weiter. ich habe immer angst, dass ich in einer auseinandersetzung mit ihm aus versehen mal sage "also wissen sie was, herr doktor schmückelbrauch, da kann ich dann aber auch nichts mehr dran ändern!!" oder so (er ist nämlich auch noch doktor. ein junger und ziemlich hübscher doktor, kaum älter als wir). wir hier oben reden so oft über ihn, weil herr hückelschmink sich schon zwei mal, das erste mal sehr freundlich, das zweite mal schon nicht mehr so nett, darüber beschwert hat, dass wir zu laut gehen. mir war das jedes mal total unangenehm und ich habe gesagt, dass es mir leid tut und wirklich versucht, leiser zu gehen und vor allem nicht mehr so zu rennen (wir haben hier einen sehr sehr langen flur, und manchmal muss man eine irre lange strecke zurücklegen wenn das telefon klingelt, ehrlich!), aber ich fand auch, dass er sich ein bisschen anstellt. naja.

gestern abend dann kam es zum eklat - damit hatte ich schon lange gerechnet!

ich habe mich wahnsinnig über irgendeine total bescheuerte sache aufgeregt: es war nicht genug soße und ist ja auch egal eigentlich, jedenfalls bin ich aus dem zimmer gestürmt und habe in der küche dann aus wutbedingter unachtsamkeit (laut) scheppernd etwas zu boden fallen lassen, was sich bei herrn dingens wohl alles ganz schlimm angehört haben muss. denn eine sekunde später stand er hier vor der tür und klingelte und regte sich wahnsinnig auf. ich hätte ihm niemals aufgemacht, denn in meiner immer noch anhaltenden wut (es war wie gesagt nur eine sekunde vergangen!) hätte ich dinge zu ihm gesagt, die mir später leid getan hätten, unter anderem bestimmt auch einen seiner spitznamen und dann wärs aus gewesen mit dem sich grüßen im treppenhaus! aber es ist auch jetzt schon ein bisschen aus damit, denn er regte sich sehr auf und sagte, er wolle mit seiner freundin fernsehen und der kronleuchter hätte gewackelt und er wisse ja nicht, was wir hier oben machen. das wiederholte er dann auch nochmal: isch weiß ja net was ihr hier obe macht! (und ich dachte immer, er käme aus hamburg, irgendwie!) - so als warte er auf eine antwort und auf jeden fall so, als dächte er, dass wir hier oben was ganz schlimmes machen! das lässt mich jetzt nicht mehr los, dass der denkt, dass wir hier oben was ganz schlimmes machen. heute morgen bin ich aufgewacht und dachte - kennt man ja - oh nein, irgendwas schreckliches ist passiert, und dann war es das - so sehr belastet mich das gestrige vorkommnis irgendwie.

tja, und jetzt weiß ich überhaupt nicht, was ich zu herrn schmunzelbrunz sagen soll, falls ich ihn treffe - und habe mir aber für den notfall drei strategien überlegt:

die erste ist, ich sage einfach so ganz nett: hallo!
die zweite ist, ich sage, mann, tut mir echt leid und so in der richtung. also, ich thematisiere das vorkommnis, wozu ich mich aber ziemlich überwinden müsste.
die dritte ist, und die würde ich nur wählen, wenn er das vorkommnis thematisierte, ich sage so, also, findest du nicht, dass du dich total anstellst, du idiot? (wir duzen uns nämlich, und das war nicht meine idee, er meinte bei unserem ersten gespräch, wir können uns doch duzen. total bescheuert, darauf wäre ich nie gekommen - ich gehe auf die 30 zu, warum sollte ich mich denn bitte duzen mit irgendwem im treppenhaus, ich hasse diese ganze distanzlose duzerei, die führt nur dazu dass man plötzlich gesagt bekommt "isch weiß ja net was ihr da obe macht".)

naja. jedenfalls habe ich mir gerade mac'n'cheese gemacht, trinke einen piccolo zur beruhigung und gehe gleich ins kino (?). vielleicht lenkt mich das alles von dem schrecklichen vorkommnis ab, und vielleicht treffe ich ihn gar nicht, wenn ich die wohnung verlasse, diesen blöden vollidioten, schwabe oder hesse oder pfälzer oder was weiß ich wo man so bescheuert spricht!

...

osteranruf in der seniorenresidenz: das ömchen zeigt sich empört über das residenz-angebot eines österlichen sonntagsfrühstücks: acht mark fünfzig wollen die dafür haben! es ist natürlich ausgefallen! - warum denn? frage ich. - ja, sagt sie, hier sind doch nur alte leute! was sollen die denn da? das war keine gute idee von denen!
dazu kann ich nur hm sagen und wechsle das thema, weil mir die seniorenresidenz in ihrem von vornherein zum scheitern verurteilten bemühen, es den alten leuten rechtzumachen, immer so leid tut. - ja, und sonst so? frage ich also. sonst stricke sie meinem neffen, ihrem enkel, eine braune jacke so richtig mit reißverschlüssen und so. sie vertut sich mit dem namen des bestrickten und sagt aus versehen den namen einer - zugegeben ähnlich klingenden - vogelart. ich weise sie nicht darauf hin und sage, ach schön, weil ich weiß, dass meine oma stricken wirklich schön findet. und dabei schaust du dann fern? frage ich sie noch. - jaja, meint sie, ich hab den fernseher an, damit ich einen gesprächspartner habe. so, beendet sie das gespräch dann ein bisschen hastig, jetzt haben wir schön geplaudert! - und wir legen auf.
ich frage mich, ob der fernseher wichtigeres mitzuteilen hat als ich. es ist ostern, also vermutlich schon (meine oma liebt den papst). am nächsten tag ist sie gerade beim osterbrunch (frühstück, wie gesagt, kommt nicht gut bei ihr an) mit meinen eltern, als ich meinen osteranruf bei denen mache. man will mich an sie weiterreichen, aber oma lehnt ab - wir hätten das alles bereits gestern erledigt. wie schön. meinen österlichen pflichten unaufwändig nachgekommen mache ich einen spaziergang am müggelsee bei unglaublich wunderschönem wetter.

...

"wenn du bei dir aus dem fenster guckst oder auf die straße gehst, musst du ja fast sterben, so deprimierend ist das da bei dir, der ganze block, überhaupt, friedrichshain, komm, hör mir auf! nicht auszuhalten!" - meinte mein vater letztens.

das hat mich ein bisschen gewundert, weil es jetzt nicht gerade so ist, dass sich meine eltern auf dem allerwunderbarsten fleckchen der welt niedergelassen hätten, es verhält sich eher so, dass man, wenn man aus den fenstern des hauses in dem ich aufwuchs schaut, folgendes sieht:

eine vor allem von lkws auf ihrem weg zur autobahn befahrene straße; einen braunockergelbgrauen komplex, auf dem ein autoverkauf zu finden ist, den ein düsterer typ betreibt, der da auch wohnt, immer von zwei gewaltbereiten rottweilern begleitet wird, und den wir den vampir nennen; eine früher mal silber-blaue, nun aber usselig-graue, an einem langen dings runterhängende, unmotivierte lamettagirlande, die diesen autoverkauf irgendwie bewerben soll oder so, was aber egal ist, denn da hat noch nie irgendjemand ein auto gekauft; eine spirrelige riesenhohe tanne hinter dem autoverkauf, auf deren wipfel ein blauer plastikeimer sitzt, keiner weiß, warum; ein fleischfarbenes hässliches mehrfamilienhaus, von meiner schwester und mir früher das orangene hochhaus genannt, in dem sich die bewohner oft vor den fenstern ausziehen und in ein paar komplett unmöblierten zimmern hausen; ein nachbarhaus, das fast keine fenster hat, dessen bewohner aber eine schöne glasbausteinwand zwischen ihren und unseren garten gezogen und auch sonst total einen an der klatsche haben; ein ochsenblutrotes gebäude, in dessen erdgeschoss sich eine kneipe befindet, die früher mal ritter-ranch, dann zur ranch hieß und nun geschlossen ist, was viele leute da bestimmt schade finden, meine eltern aber nicht.

ein stück die straße hoch gibt es noch die offene strafvollzugsanstalt, eine erst kürzlich geschlossene brauerei und einen aldi, und dahinter fängt bochum an.

das alles warf ich meinem vater, in verteidigung meines wohnsitzes, so ein bisschen vor und meinte, hundekacke schön und gut, aber er sollte sich da lieber nicht zu weit aus dem fenster lehnen, doch er wollte nichts davon wissen und beharrte angeekelt, herabblickend und zur weiteren diskussion nicht bereit auf seinem standpunkt.

bei den darauf folgenden dortmund-besuchen konnte ich dann zwar - wie immer - nachvollziehen, dass man ja vielleicht lieber in dortmund als in berlin wohnen möchte, fand aber die unmittelbare umgebung in der ich aufgewachsen bin auch bei allerbestem willen genauso ungemütlich und nicht schön wie schon immer. es ist sogar so, dass es da so ungemütlich und betoniert und nicht schön ist, dass es fast schon wieder schön ist.

ich bin ein bisschen gespannt, was mein vater zu kreuzberg sagt, wo ich demnächst hinziehe, aber ich glaube, dass er wahrscheinlich sogar "den schönsten ort der welt", wo auch immer der ist, ablehnen würde - zuviel sand, zu warm, zu kalt, zu laut, nichts los, zuviel los, bäh. außer dortmund (auch bochum und essen würde er nicht akzeptieren, von diesen städten hält man als dortmunder nicht viel, meint mein vater, aber ich habe das noch nie einen anderen dortmunder sagen hören - außer mich manchmal, und ich sage das nur, weil mein vater das sagt. und schon gar nicht unna.), und dortmund jetzt auch nicht, weil es da so irre schön ist oder so, sondern wegen eines sehr weit zurückreichenden eher nicht so gut erklärbaren verbindungsgefühlsgeschwurbels, das irgendwie auch nicht einfach nur affiger lokalpatriotismus ist (rede ich mir ein).

eine zweite ausnahme wäre für ihn glasgow, eine stadt, die er aus ähnlichen, aber nicht ganz so weit zurückreichenden gründen bedingungslos liebt. als ich da mal war, fand ich es, auf schottische weise, ziemlich so wie dortmund (aber das habe ich außer meinen vater auch noch niemanden sagen hören).

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